Europaweit wächst der Wald – doch Brüssel will die Waldbauern trotzdem gegen Entwaldung in Stellung bringen.

3. Oktober 2024 / 11:17 Uhr

Verschnaufpause: Bürokratie-Monster Entwaldungsverordnung kommt erst 2026

Die EU-Kommission hat gestern, Mittwoch, angekündigt, die umstrittene Entwaldungsverordnung um zwölf Monate zu verschieben. Statt am 1. Jänner 2025 soll sie erst 2026 in Kraft treten.

Europas Wälder wachsen

Die in der EU-Entwaldungsverordnung festlegten Maßnahmen sollen verhindern, dass Produkte auf den europäischen Markt kommen, für deren Herstellung es zu Abholzung von Waldflächen kommt.

Dabei spricht die Wirklichkeit eine ganz andere Sprache: So ist die Waldfläche in Österreich in den letzten 50 Jahren um 330.000 Hektar (achtmal die Fläche Wiens) gewachsen. In der gesamten EU sind es sogar 14 Millionen Hektar seit 1990. Von Entwaldung kann also keine Rede sein, in ganz Europa nicht.

Umfangreiche Dokumentationsverpflichtungen

Betroffen von der EU-Verordnung wären nicht nur Waldbesitzer und die gesamte Wertschöpfungskette, sondern auch alle, die Rindfleisch produzieren und die nachgelagerte Produktion.

Mit der Verordnung und ihren umfangreichen Dokumentationsverpflichtungen wurde ein regelrechtes Bürokratie-Monster erschaffen. Denn zur Überprüfung und Nachvollziehbarkeit der Produkte muss sich jeder, der Holz in Verkehr bringt, in einem Informationssystem registrieren und eine Sorgfaltserklärung abgeben.

Brüssel teilt Österreich in Kategorien

Soweit, so einfach. Aber er muss dann eine Reihe von Daten bekanntmachen, unter anderem den lateinischen Namen der Holzart, die Menge und die Geokoordinaten des beernteten Grundstückes. Damit generiert das Informationssystem eine Referenznummer, die wiederum an den nächsten in der Lieferkette, beispielsweise ans Sägewerk, weitergegeben werden muss. Der ganze Aufwand soll betrieben werden, obwohl illegale Entwaldung in Österreich kein Thema ist.

Dagegen regte sich Widerstand. Auch Österreichs Agrarminister Norbert Totschnig (ÖVP) plädierte für eine Überarbeitung der Entwaldungsverordnung, zumal die ferne EU-Kommission die Staaten in unterschiedliche Entwaldungs-Risikokategorien einteilen will. Je nachdem, wie hoch das Risiko von Entwaldung ist, wird die Daumenschraube stark oder schwach angelegt.

Grüne für EU-Entwaldungsverordnung

Für die rasche Einführung der Kontrollinstrumente waren die Grünen. Allen voran “Klimaministerin” Leonore Gewessler desavouierte Totschnigs Bremsversuche. Sie schrieb Anfang des Jahres sogar einen Brief an die EU-Kommission, in dem sie festhielt, dass es sich bei Totschnigs Forderung nicht um die offizielle Position Österreichs handle.

Des einen Freud, des anderen Leid

Erfreut von der Verschiebung zeigten sich erwartungsgemäß der Landwirtschaftsminister und die diversen Bauernvereinigungen. Die SPÖ steht auf der anderen Seite. Ihr EU-Abgeordneter Günther Sidl, Mitglied im Umweltausschuss, hält die Verschiebung für „einen schweren Fehler“. Überraschend pragmatisch äußerte sich hingegen Thomas Waitz, EU-Abgeordneter und Landwirtschaftssprecher der Grünen, der die längere Vorbereitungszeit akzeptiert.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Doch es darf nicht vergessen werden, dass das Bürokratie-Monster lediglich verschoben wird. Brüssel betont, dass die Verlängerung der Vorbereitungszeit „in keiner Weise die Ziele oder den Inhalt des Gesetzes in Frage“ stellt. Die Verschiebung soll lediglich „eine ordnungsgemäße und wirksame Umsetzung gewährleisten“.

Schon vor einem halben Jahr hatte der freiheitliche EU-Abgeordnete Georg Mayer für eine „Lösung mit Hausverstand plädiert, die auch in der Praxis umsetzbar ist, und keinesfalls für ideologische Maßnahmen, die die Wirtschaft und unseren Wohlstand gefährden“. Für ihn steht die gesamte Entwaldungsverordnung zur Disposition.

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