In der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landesparlaments kam es gestern, Donnerstag, zu chaotischen Szenen. Entfacht von CDU und BSW, die die Vorsitzführung von Alterspräsident Jürgen Treutler (AfD) nicht anerkennen wollten. Nach mehreren Unterbrechungen wurde die Sitzung auf Samstag vertagt. Das Landesverfassungsgericht muss über die weitere Vorgehensweise entscheiden.
CDU-Mann außer Rand und Band
Die Sitzung war geprägt von völliger Respektlosigkeit vor dem Alterspräsidenten als Person und den Aufgaben, die ihm laut Geschäftsordnung übertragen wurden. Auf ungehörige Weise wurde Treutler vom Geschäftsführer der Thüringer CDU, Andreas Bühl, in seiner Rede unentwegt gestört und unterbrochen, was zu mehreren Sitzungsunterbrechungen führte. Mit aller Gewalt versuchten er und seine Kollegin vom BSW, ihren Willen durchzusetzen. Bühl verstieg sich gar dazu, den Alterspräsidenten der „Machtergreifung“ zu bezichtigen, weil dieser versuchte, sich strikt an den in der Geschäftsordnung vorgesehen Ablauf einer konstituierenden Sitzung im Thüringer Landtag zu halten.
AfD soll entrechtet werden
CDU und BSW wollten noch vor allen anderen Abstimmungen einen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung einbringen und abstimmen lassen, mit dem das Verfahren zur Wahl des Landtagspräsidenten geändert werden sollte. Unter Berufung auf die Geschäftsordnung lehnte das Alterspräsident Treutler ab und setzte den Antrag auf einen späteren Tagesordnungspunkt fest, was zu wütenden Protesten von CDU und BSW führte.
Mit der vorgelagerten Abstimmung wollten die Fraktionen erreichen, dass nicht mehr wie bisher die stimmenstärkste Partei das alleinige Anrecht hat, in den ersten beiden Wahlgängen einen Kandidaten für den Landtagspräsidenten vorzuschlagen. Brisant: Die AfD wollte die Abgeordnete Wiebke Muhsal nominieren, die den CDU-Fraktionsvorsitzenden Mario Voigt in seinem Wahlkreis geschlagen hatte.
Höcke von Obstruktions-Verhalten entsetzt
AfD-Fraktionschef Björn Höcke stellte in einem Interview mit Compact fest, dass die „Kartellparteien“ von vornherein auf Krawall gebürstet gewesen seien. Ein derartiges Vorgehen hätte er in dieser Qualität und Quantität noch niemals erlebt. Dass die stimmenstärkste Partei den Landtagspräsidenten stellt, sei allgemein seit 150 Jahren und im Freistaat Thüringen seit 30 Jahren so gelebt worden. Durch Blockade und Obstruktion werde jetzt versucht, den Gang der Dinge zu verhindern, so Höcke. Viel Hoffnung auf die Parteibuch-Verfassungsrichter in Weimar setze er nicht.