Ziehen nun nicht nur die politischen Gegner, sondern auch Banken eine „Brandmauer“ gegen FPÖ-Politiker auf? Ein Vorfall in Baden bei Wien ließ das zuerst vermuten.
Keine klaren Aussagen
Silvia Orth (66), im vorigen Jahrhundert (1996) freiheitliche Gemeinderätin in Oberwaltersdorf im Bezirk Baden in Niederösterreich, staunte jedenfalls nicht schlecht, als sie bei der Post-Tochter bank99 in Baden beim Versuch, am Schalter ein Konto zu eröffnen, abgewiesen wurde. Ihr wurde dem Vernehmen nach kryptisch mitgeteilt, dass man ihr nicht sagen könne, weshalb man ihrem Wunsch nicht nachkommen könne – es habe etwas mit ihrer Funktion als ehemalige Stadträtin in Baden zu tun. Ein Irrtum: Orth war nie Stadträtin in Baden, sondern lediglich Gemeinderätin in Oberwaltersdorf.
Aus geschäftspolitischen Gründen
Auf schriftliche Nachfrage von Frau Orth folgte ein Brief vom Beschwerdemanagement der Bank, in dem man ihr unter anderem (brav gegendert) mitteilte:
Mit den bei der versuchten Kontoeröffnung angegebenen Daten ist derzeit aus geschäftspolitischen Gründen keine Eröffnung eines konto99 möglich. Aufgrund der geltenden Privatautonomie hat die bank99 AG das Recht, geschäftspolitische Entscheidungen zu treffen, mit welchen Kund*innen ein Vertragsverhältnis begründet wird und mit welchen nicht.
Eine politische exponierte Person
Ein Fall, der Interesse bei unzensuriert weckte. Wir fragten bei der Pressestelle des Unternehmens an und, siehe da, die Schilderungen von Frau Orth erwiesen sich als korrekt. Uns wurde Folgendes mitgeteilt:
Silvia Orth ist aufgrund ihres ehemaligen politischen Amtes bei uns als “PEP” – kurz für „politisch exponierte Person“ identifiziert worden, als sie am Schalter bei uns ein Konto eröffnen wollte.
Tiefgreifende Prüfung
Weiters hieß es: Seit Ende Februar 2022 schreibe die Finanzmarktaufsicht strengere Überprüfungen mit sogenannten „politisch exponierten Personen“ vor. Diese strengeren Überprüfungen würden Personen betreffen, die politische Ämter (etwa im Parlament, in Führungsgremien politischer Parteien etc.) aktuell ausüben oder früher ausgeübt haben. Vereinfacht gesagt brauche es hier für „eine tiefergehende Prüfung ggf. weitere Informationen oder Dokumente, damit wir diese Personen als Kundinnen bei uns aufnehmen dürfen“. Diese Personen „können bei uns am Schalter kein Konto abschließen, sondern es braucht einen persönlichen Termin mit unseren Bankbetreuerinnen“. Daher sei eine Eröffnung abgelehnt worden.
Frau Orth müsse sich nun einen Termin in der Bank ausmachen, notwendige Informationen und Dokumente vorlegen – ein Konto könne erst nach einer Prüfung eröffnet werden.
Verordnung der Europäischen Union
Da ist die bank99 wohl falsch informiert und – wie schon bei der Annahme, Silvia Orth sei Stadträtin in Baden gewesen, einem Irrtum aufgesessen. Ein Blick in die entsprechende Verordnung der Europäischen Union offenbart exakt, bei wem es sich tatsächlich um eine „politisch exponierte Person“ handelt. Da heißt es ganz klar:
In Österreich betrifft dies insbesondere den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und die Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierung.
Wie gesagt, Silvia Orth war im vorigen Jahrhundert lediglich eine kleine Gemeinderätin in Oberwaltersdorf.