Ein Beispiel ihrer Doppelstandards lieferte gestern, Freitag, Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Sie erklärte, dass Journalismus kein Verbrechen sei. Eine Erkenntnis, die für sie allerdings nur in bestimmten Fällen von Belang zu sein scheint.
Journalist in Russland verurteilt
Baerbocks Sorge gilt dem US-Journalisten Evan Gershkovich, der am Freitag von einem russischen Gericht wegen Spionage zu 16 Jahren Haft verurteilt wurde. Laut Anklage soll er Informationen über den Rüstungsbetrieb Uralwagonsawod gesammelt haben. Die Außenministerin schrieb auf X:
Journalismus ist kein Verbrechen und die Wahrheit lässt sich nicht wegsperren. Die Verurteilung Evan Gershkovichs zeigt Putins Angst vor der Kraft von Fakten. Das Urteil ist politisch motiviert und Teil von Putins Kriegspropaganda. #freeEvan
In anderen Fällen, als es nicht opportun erschien, stellte sich Baerbock allerdings blind und taub.
Selektives Interesse
Man fragt sich nämlich, wo derart harsche Kritik bei Julian Assange oder einem Gonzalo Lira geblieben ist? Nichts war von Baerbock zu hören, als der Journalist und Wikileaks-Gründer Julian Assange gesundheitlich angeschlagen und unter unwürdigen Haftbedingungen in einem britischen Kerker gefangengehalten wurde. Da gab es kein #freeJulian von der moralisierenden Ministerin. Die Frankfurter Rundschau schrieb noch im Jänner, die Außenministerin äußere sich zu der Angelegenheit nur noch sehr ungern. Mittlerweile ist Assange nach einem Abkommen auch ohne das Zutun Baerbocks freigelassen worden.
Im ukrainischen Gefängnis verstorben
Kritik gab es auch nicht, als im Jänner der US-Blogger Gonzalo Lira nach monatelanger Krankheit in einem ukrainischen Gefängnis gestorben war. Auch da herrschte bei Baerbock Funkstille. Es war ihr keine Zeile wert, als ihre ukrainischen Freunde den kritischen Journalisten gefangen hielten und ihn in einer Zelle verrecken ließen. Denn das sind ja bekanntlich die „Guten“.