Julian Reichelt brachte es auf den Punkt: Die Politiker dürfen ihre Untertanen beleidigen, wir sie natürlich nicht. Gefühlt eine Million Mal wurden und werden die Bürger zum Beispiel als “Nazis” beschimpft oder Menschen wie Cem Özdemir (Grüne) verbieten ihnen den Mund, indem sie ihnen “Halts Maul!” zurufen.
Gericht meint, Özdemir ist kein “Drecksack“
Nun hat besagter Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir vor Gericht gewonnen. Denn das Amtsgericht Koblenz hat einen Facebook-Nutzer zur Zahlung von 600 Euro Schmerzengeld an Özdemir verurteilt. Außerdem muss der mutmaßlich mittellose Mann vorgerichtliche Abmahnkosten in Höhe von 800 Euro bezahlen. Der Grünen-Politiker war laut der Frankfurter Allgemeinen vor Gericht gezogen, weil der Angeklagte im April 2022 ein geteiltes Video von Özdemir mit dem Wort “Drecksack” überschrieben hatte.
Dies sei laut Meinung des Gerichts angeblich ehrenrührig und nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das Landgericht Koblenz lehnte nun den Antrag des Mannes auf Prozesskostenhilfe ab. Dort wollte der Verurteilte die Abweisung der Klage erreichen und beantragte dafür die staatliche Unterstützung. Sein Post sei eine zwar unsachliche, aber zulässige Meinungsäußerung.
Ehre zählt mehr als Meinungsfreiheit
Das lehnte das Landgericht ab, weil die Rechtsmittel “keine Aussicht auf Erfolg” hätten. Zwar handle es sich um eine Meinungsäußerung. Diese sei aber ehrenrührig und verletze Özdemir in seinem Persönlichkeitsrecht. Dies überwiege gegenüber der Meinungsfreiheit des Facebook-Nutzers, meinte das Gericht.
Nach dem Beschluss zur Prozesskostenhilfe nahm der Angeklagte seine Rechtsmittel zurück. Damit erkannte er die Entscheidung des Amtsgerichts an. Er hat nun finanzielle Probleme, weil ein Politiker sich in seiner Ehre gekränkt fühlt. Ein Politiker, der zwar austeilen, aber nicht einstecken kann.