Es herrscht Aufregung im sogenannten „Werte-Westen“, seit sich das katholische Oberhaupt Papst Franziskus für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine ausgesprochen hat. Jetzt kommt sogar Kritik aus den Reihen der deutschen Bischöfe.
Wird „Friedensverhandlung“ Unwort des Jahres?
Wer sich derzeit für Frieden in der umkämpften Ostukraine einsetzt, sieht sich im moralisierenden „Werte-Westen“ heftigen Attacken ausgesetzt. „Putin-Versteher, „Putin-Troll“, lauten die Punzierungen, die Politikern aufgedrückt werden, sollten sie es wagen, das Wort „Friedensverhandlungen“ in den Mund zu nehmen. FPÖ und AfD wird gar unterstellt, vom Kreml finanziert zu werden. Ein Schicksal, das jetzt sogar den Pontifex der katholischen Kirche ereilt hat, der mit seinem Ansinnen nach Beendigung des Krieges vom politischen Establishment heftige Kritik erntet.
Papst legt sich mit Kriegstreibern an
Die Ukraine steht trotz unermesslicher Waffenhilfe und Finanzierung im Krieg mit Russland immer mehr mit dem Rücken zur Wand. Zwangsrekrutierte Ukrainer werden an die Front transportiert, um sich dort als Kanonenfutter erschießen zu lassen. Ein sinnloses Sterben, das dem Papst offensichtlich Kopfzerbrechen macht. In einem Interview mit dem Schweizer Sender RSI hat Franziskus, zu dem seit inzwischen mehr als zwei Jahren tobenden Krieg in der Ukraine befragt, erklärt:
Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass es nicht gut läuft, muss man den Mut haben, zu verhandeln.
Er nannte es ein Zeichen der Stärke, die Situation zu erkennen und den Mut zu haben, “die weiße Fahne zu hissen und zu verhandeln”.
Mit dieser Aussage hat Franziskus einen wahren Sturm der Empörung ausgelöst, gilt in Europa doch das vorgegebene Credo: „Die Ukraine darf nicht verlieren und schon gar nicht kapitulieren. Koste es, was es wolle.“
Kriegstreiber in Rage
Wenig überraschend kam in Deutschland geharnischte Kritik von der FDP-Kriegs-Lobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und der grünen Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter unterstellt Franziskus gar, sich auf die “Seite des Aggressors“ zu stellen. Und selbstverständlich herrscht in der ukrainischen Führungsspitze Empörung. Dort will man nichts von Friedensverhandlungen wissen. Präsident Volodymyr Selenskyj ließ das sogar per Gesetz verbieten.
Bischöfe distanzieren sich von Franziskus
Doch völlig von der Rolle dürften die deutschen Bischöfe sein. Hatten sie erst im Februar in einer öffentlichen Erklärung gegen die AfD und ihre Wähler polemisiert, wendet sich die Bischofskonferenz (DBK) nun öffentlich gegen den Friedens-Appell ihres Oberhauptes. Ein DBK-Sprecher erklärte laut Bild Zeitung, dass man das Ziel eines gerechten und dauerhaften Friedens in der Ukraine teile. Gleichwohl müsse die Ukraine aber “in kluger Abwägung selbst entscheiden, wann der Moment für Friedensverhandlungen gekommen sei”. Die DBK äußerte zudem Verständnis für die “Irritationen”, die der Papst durch seine Formulierung mit der weißen Fahne ausgelöst habe. Bild zitiert den Sprecher:
Es wäre gut, wenn der Heilige Stuhl in diesen Fragen eine inhaltliche Klärung seiner Position kommuniziert.
Doch was ist angesichts einer prekären Situation am Schlachtfeld bei einem Wunsch nach Friedensverhandlungen so schwer zu verstehen?