Das erstinstanzliche Urteil gegen Ex-ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz ist der traurige Höhepunkt eines tiefen Falls des einstigen türkisen „Heilands“, dem die „Ibiza-Affäre“ das Grab schaufelte.
Wegen Falschaussage verurteilt
Wie berichtet, wurde Kurz gestern, Freitag, nicht rechtskräftig zu acht Monate bedingt verurteilt, weil er im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss zur Aufsichtsratsbestellung in der ÖBAG (Österreichische Beteiligungs AG) eine Falschaussage getätigt haben soll. Kurz empfand das Urteil als „unfair“ und kündigte Berufung an.
Unappetitliche Chat-Nachrichten
Dass Sebastian Kurz als Bundeskanzler seinen Hut nehmen musste und schließlich sogar vor Gericht landete, sind Auswirkungen der „Ibiza-Affäre“, die nicht – wie seinerzeit von den anderen Parteien erhofft – der FPÖ Schaden zugefügt hatte, sondern der ÖVP. Erst im Zuge des „Ibiza“-Untersuchungsausschusses kamen die unappetitlichen Chat-Nachrichten und mögliche Malversationen, die aktuell Gegenstand von Untersuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sind, zutage.
„Unser größter Fehler war, dass wir der ÖVP vertraut haben“
Vielleicht wäre alles anders gelaufen, hätte der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz im Mai 2019 Wort gehalten und die Koalition mit der FPÖ weitergeführt. FPÖ-Chef Herbert Kickl hat die Geschehnisse rund um den 17. Mai 2019 im Buch von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker („So sind wir“) gut beschrieben. „Unser größter Fehler war, dass wir der ÖVP vertraut haben“, sagte Kickl in diesem Beitrag.
Kurz hielt sich nicht an Vereinbarung
Tatsächlich hatte Sebastian Kurz in einem Gespräch mit Norbert Hofer (FPÖ) versprochen, die Regierung mit den Freiheitlichen weiterführen zu wollen, wenn der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) aufgrund der Vorkommnisse auf Ibiza zurücktreten würde. Das geschah dann auch. Kurz und Hofer vereinbarten, dass man dieses Ergebnis der Öffentlichkeit mitteilen werde. Zuerst sollte die FPÖ vor die Presse treten, danach die ÖVP.
Hofer hielt sich an die Vereinbarung, Strache trat vor die Kameras und verkündete seinen Rücktritt. Kurz aber ließ den vereinbarten Pressetermin platzen. Aus heiterem Himmel forderte die ÖVP plötzlich auch den Rücktritt des amtierenden Innenministers Herbert Kickl. Die Freiheitlichen ließen sich das nicht gefallen, weshalb Sebastian Kurz das Ende der türkis-blauen Koalition verkündete.