ORF / Alexander Wrabetz

Ein Demokratiebericht legte 2012 den politischen Einfluss auf den ORF offen. Dem damaligen Generaldirektor Alexander Wrabetz setzte die SPÖ einen „ORF-Kommissar“ ins Büro.

21. Feber 2024 / 10:51 Uhr

15 Jahre „unzensuriert“: Auch 2012 war ORF dem Zugriff von Parteien ausgesetzt

Im Februar 2024 feiert unzensuriert sein 15-jähriges Bestehen. Das bietet die Gelegenheit, einmal Rückschau zu halten, was in den vergangenen Jahren journalistisch geleistet worden ist. Die Jahre 2009 (Gründungsjahr), 2010 und 2011 haben wir bereits beleuchtet. Hier nun die aufregendsten Geschichten aus dem Jahr 2012.

Parteisekretäre machen Druck bei ORF-Personalentscheidungen

Die Unabhängigkeit des ORF, wie sie ein Verfassungsgesetz aus dem Jahr 1974 vorsieht, ist nach Ansicht der Initiative Mehrheitswahlrecht und Demokratiereform “nach wie vor nicht erfüllt”. Zu diesem Ergebnis kam die Initiative in ihrem aktuellen Demokratiebericht 2012. “Der ORF ist auch 2012 dem Zugriff von Parteien und Regierungen ausgesetzt”, hieß es darin. Kurt Bergmann, ehemaliger ÖVP-Politiker, ORF-Stiftungsrat und einer der Vertreter der Initiative, hoffte auf eine baldige ORF-Reform. Er gehörte jener Arbeitsgruppe an, die sich im Bundeskanzleramt mit einer Verkleinerung der ORF-Gremien befasst hat.

Negativ vermerkte der Demokratiebericht zum ORF außerdem, dass von 35 ORF-Stiftungsräten nach wie vor nur vier als politisch unabhängig gelten, die Parteien durch die Abschaffung des geheimen Wahlrechts im obersten Aufsichtsgremium die Kontrolle über das Abstimmungsverhalten ihrer Vertreter haben, sich Stiftungsräte Weisungen in den Parteigremien holen, Landeshauptleute ihr Anhörungsrecht bei der Bestellung von Landesdirektoren mit Mitbestimmung verwechseln, Parteisekretariate Druck bei Personalentscheidungen machen und die Mitglieder der Medienbehörde KommAustria von der Regierung bestellt werden.

Vom Meinungskauf zum ORF-Kommissar

Die Inseraten-Affäre um Kanzler Werner Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer (beide SPÖ) und das neue Medientransparenzgesetz hatten den Meinungskauf in den Zeitungen zumindest erschwert. Unzensuriert berichtete, weshalb Visionäre in der SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße nun einen Strategiewechsel verfolgten.

Weg von der Beherrschung der Printmedien, hin zum ORF! Mit der Installierung eines klassischen Polit-Kommissars als Bürochef von Generaldirektor Alexander Wrabetz wollten die Roten ihre Macht am Küniglberg zementieren. Ausgerechnet SPÖ-Medienstaatssekretär Ostermayer wies in der Presse Vorwürfe zurück, wonach Niko Pelinka als Abgesandter der SPÖ künftig den ORF und dessen Berichterstattung nach den Vorstellungen der Kanzlerpartei steuern solle. Allein, man glaubte ihm nicht. Ostermayers Glaubwürdigkeit litt seit seinem Auftritt in der “ZiB2” bei Armin Wolf, in dem es ihm nicht gelungen war, den Vorwurf zu entkräften, er habe beim damaligen ÖBB-Chef Martin Huber um „sieben Millionen für den Werner“ gebeten. Das Geld sollte angeblich für den Meinungskauf, also Inseratenschaltungen in Zeitungen, verwendet werden, um Faymann eine gute Presse zu bescheren.

Zivil(versager)gesellschaft gegen Leistungsträger-Ball

Der Wiener Kooperationsball sollte am 27. Jänner 2012 letztmals in der Hofburg stattfinden. Die Betriebsgesellschaft fasste diesen Entschluss, nachdem der politische Druck immer größer geworden war. Auf dem Ball trafen einander Jahr für Jahr Leistungsträger der Gesellschaft. Auf der Straße kämpfte der „zivilgesellschaftliche“ Mob – mit politischer Unterstützung.

Mit folgender knappen Erklärung glaubte die Hofburg-Betriegsgesellschaft, sich der Sorgen um den WKR-Ball, der zu den Wiener Nobelbällen gehört und seit 1967 Bestandteil des Hofburg-Ballkalenders ist, entledigen zu können:

Aufgrund der aktuellen politischen und medialen Dimension, welche die Abhaltung des WKR-Balles in den letzten Jahren angenommen hat, beschließt die Wiener Hofburg Kongresszentrum BetriebsgmbH für den Korporationsball nach der Ballsaison 2012 nicht mehr als Veranstaltungsstätte zur Verfügung zu stehen. Eine Absage des WKR-Balls 2012 durch den Ballveranstalter käme der HOFBURG Vienna sehr gelegen.

Schön, dass der frühere WKR-Ball, der jetzt Akademiker-Ball heißt, allen Unkenrufen zum Trotz auch heuer wieder ein friedliches Fest in der Hofburg feiern konnte – auch wenn die Österreichische Hochschülerschaft dazu aufgerufen hatte, den „Burschenschaften das Tanzbein zu brechen“.

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