Etwas anderes, als immer mehr Schulden zu machen, auf Kosten des Mittelstandes und der Arbeitnehmer, fällt den EU-Politikern offensichtlich nicht ein. Denn nicht anders ist es zu interpretieren, wenn sich die Finanzminister der EU-Staaten „auf Pläne für eine Reform der europäischen Schuldenregeln verständigt“ haben.
Unklare Inhalte
Sie wollen künftig die jeweils individuelle Situation des Landes stärker berücksichtigen. Was versteckt sich hinter dieser blumigen Formulierung? Der ORF schreibt: „Laut den diskutierten Vorschlägen sollen die EU-Staaten künftig nationale Pläne mit Maßnahmen zur Schuldenreduktion vorlegen. Das würde den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum und Zeit bei der Konsolidierung ihrer Budgets lassen.“
Wolkig formuliert, aber was heißt das wirklich? Grundlage der heutigen Einigung war ein Vorschlag der EU-Kommission im April. Darin heißt es, dass hochverschuldete Länder mehr Flexibilität beim Abbau von Schulden und Haushaltsdefiziten eingeräumt werden soll.
Maastricht-Kriterien adé
Auf gut Deutsch: Bis zur Corona-Politik durften die EU-Staaten maximal Schulden haben, die höchstens 60 Prozent der Wirtschaftsleistung und unter drei Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts lagen. Lag die Schuldenquote eines Staates darüber, musste er fünf Prozent der Schulden, die über der 60-Prozent-Marke lagen, jedes Jahr zurückzahlen. Diese EU-Regeln bewirkten durchaus eine gewisse Disziplin.
Diese Kriterien wurden für die Corona-Politik aufgeben und nicht wieder aufgenommen, nachdem die Russland-Sanktionen die Energie verteuert und der Wirtschaft immensen Schaden zufügt hatten.
„Hinter mir die Sintflut“
Diese Kriterien, die die Zukunftsfähigkeit der EU-Staaten sichern sollten, wurden nun endgültig über Bord geworfen, Stichwort „individuelle Situation des Landes stärker berücksichtigen“. Denn es gilt, die EU-Wahl im Frühjahr zu gewinnen, und sparen ist den Politikern unangenehm. Dann lieber die Schuldenkriterien aufweichen und weiter über den Verhältnissen leben.