Obwohl bei den Parlamentswahlen im Juli abgewählt, dürfte der Sozialist Pedro Sánchez auch der nächsten spanischen Regierung als Ministerpräsident vorstehen.

7. November 2023 / 16:53 Uhr

Patt-Situation nach Parlamentswahl: Fehler auf rechter Seite – Linke vor Durchbruch?

Mehr als drei Monate nach den Parlamentswahlen gibt es immer noch keine Regierung in Spanien. Doch gestern, Montag, dürfte bei den Verhandlungen über die Regierungsbildung ein Durchbruch erzielt worden sein.

Zugeständnisse an Katalanen

Der Sozialist Pedro Sánchez bastelt an einer Minderheitsregierung, die kommende Woche vereidigt werden könnte. Das Zünglein an der Waage bilden die katalanischen Unabhängigkeitsparteien der Republikanischen Linken (ERC) und JxCat, die er dafür braucht – und entsprechende Zugeständnisse machen muss.

Beide Parteien verlangten eine Begnadigung der an dem Unabhängigkeitsreferendum von 2017 beteiligten Politiker. Also bot Sánchez ein Amnestiegesetz an, das noch diese Woche im Parlament beschlossen werden soll.

Katalanen im Grunde billig abgespeist

Doch damit ließen sich die beiden katalanischen Parteien im Grunde billig abspeisen, denn ihrer wichtigeren Forderung, nämlich eine erneute Abstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens, kam Sánchez nicht nach.

Wahlsieger würde leer ausgehen

Gelingt Sánchez die Regierungsbildung, so hat dann auch die konservative Volkspartei (PP) verloren, die bei den Parlamentswahlen im Juli als Siegerin hervorgegangen war. Gelingt Sánchez bis 27. November keine Mehrheit im linken Lager und wird bis dahin kein Ministerpräsident gewählt, werden im Jänner 2024 Neuwahlen stattfinden. So sieht es das Wahlgesetz vor.

Die konservative Volkspartei unter PP-Chef Alberto Feijòo ist Ende September an der Regierungsbildung gescheitert. Der König erteilte daraufhin dem zweitplatzierten Sánchez (PSOE) den Auftrag.

Labile Regierung in Madrid

Gelingt Sánchez die Regierungsbildung, wären die Mehrheitsverhältnisse labil. Das spanische Wahlrecht sieht vor, dass ein Ministerpräsident nicht nur gewählt ist, wenn er die absolute, sondern auch, wenn er die relative Mehrheit erreicht, es also keine Mehrheit gegen ihn gibt, weshalb die Abgeordneten zu einer Kandidatur mit Ja oder Nein stimmen müssen. Enthaltungen fallen unter den Tisch. Es würde also genügen, wenn sich einige Abgeordnete enthalten.

Schwere Fehler auf rechter Seite

Auf rechter Seite sind schon vor der Wahl und dann bei den Regierungsverhandlungen kapitale Fehler gemacht worden:

1. Der PP-Spitzenkandidat Alberto Feijóo hatte im Wahlkampf bereits für die Duldung einer von ihm geführten PP-Minderheitenregierung zu den Sozialisten des PSOE geschielt, anstatt eine klare Koalitionsaussage für die junge, freiheitliche Partei Vox zu treffen.

Doch die Verteufelung von Vox scheint auch bei Spaniens Konservativen wichtiger als die Umsetzung des Wählerwillens, zumal die Vox die einzige Partei ist, die Feijóo auch jetzt für eine Regierungsbildung unterstützt. Da geht es natürlich auch um Brüsseler Befindlichkeiten, denen sich Europas Konservative gehorsam unterordnen.

Zwangsbeglückung Kataloniens als Schuss ins Knie

2. Würden die Spanier der Unabhängigkeit Kataloniens zustimmen (wofür es eine Vielzahl von Abstufungen gäbe, jedenfalls so, dass die Katalanen bei spanischen Wahlen nicht mehr mitstimmen würden), wären die Mehrheitsverhältnisse eindeutig. Es hätte die Wechsel und instabilen Verhältnisse der vergangenen Jahre nicht gegeben. Auch nach den jüngsten Wahlen würden nun eindeutige Mehrheitsverhältnisse herrschen. Da schießen sich PP und Vox mit ihrer Zwangsbeglückung der Katalanen ständig selbst ins Knie.

Katalonien stärkt linke Parteien

Katalonien hält 48 der 350 Parlamentssitze (ohne die Balearen und Valencia). Ohne Katalonien könnten PP und Vox mit dann 162 von 302 Sitzen eine komfortable Regierung bilden.

Von den 48 katalanischen Mandaten halten die Unionisten (PP+Vox) lediglich acht. Die Autonomisten der Partei der Sozialisten Kataloniens (PSC) im PSOE und die ebenfalls autonomistische radikale Linke, zusammengeschlossen im Bündnis Sumar, dagegen 26 Sitze und die Unabhängigkeitsvertreter 14 Sitze.

Bewegung in der Katalonien-Frage

Die Verschiebung der Stimmen bei der Wahl 2023 von den linken Separatisten zu den PSOE-Autonomisten scheint taktisch bedingt, um eine PP-Regierung zu verhindern, ein Amnestiegesetz zu erreichen und Bewegung in die festgefahrene Katalonien-Frage zu bringen.

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