Othmar Karas (ÖVP) wird nach 25 Jahren nicht mehr bei der EU-Wahl nächstes Jahr kandidieren. Bei seiner Abrechnung mit der ÖVP war das aber nur eine Randnotiz.
In seiner persönlichen Erklärung heute, Donnerstag, sagte Karas, die ÖVP sei nicht mehr dieselbe Europapartei, „die ich mitgestaltet habe, sie ist nicht mehr die Partei der Mitte“. Er bedaure, dass die Politik, die von der ÖVP derzeit gemacht werde, nicht mehr seinen Werten entspreche. Er möchte aber – trotz des Zerwürfnisses mit der ÖVP – weiterhin Parteimitglied bleiben.
Auf Konfrontation zur ÖVP-Spitze
Karas ging offen auf Konfrontation zur ÖVP-Spitze: Österreich wäre ein „Bremser des Notwendigen“ geworden, dabei nannte er ausdrücklich das Schengen-Veto seiner ÖVP. Es sei “schick geworden, auf Brüssel mit dem Finger zu zeigen”, sagte Karas. “Österreich braucht einen Neustart in der Europapolitik.“ Ihn störe schlussendlich die “unnötige Emotionalisierung und Schein-Debatten”, er nannte ausdrücklich die von ÖVP-Kanzler Karl Nehammer im Sommer angezettelte Debatte über das Bargeld. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker bezeichnete er gar als „Saboteur“.
Karas droht ÖVP mit eigener Liste bei Nationalratswahl
Bei der kommenden EU-Wahl im nächsten Jahr werde er nicht mit einer eigenen Liste antreten, sagte Karas. Er schloss aber nicht aus, bei der nächsten Nationalratswahl mit einer eigenen Liste anzutreten. Auch die Frage, ob er bei einer Bundespräsidentenwahl zur Verfügung stehen werde, ließ er offen. Eines könne er sicher sagen, er werde weiterhin politisch tätig sein.
Lebender Beweis für “gespaltene Zunge” der ÖVP
Der 65-Jährige war in seiner Zeit als EU-Abgeordneter lebender Beweis für die “gespaltene Zunge” der ÖVP: Bei so ziemlich jedem Thema, das die ÖVP in Österreich befürwortete, stimmte der im EU-Parlament gegenteilig ab und umgekehrt. Inwieweit das mit der Parteiführung abgesprochen war, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben, für die Österreicher war es in jedem Fall kein Gewinn, denn Karas gilt als “glühender Europäer” und EU-Zentralist.
“Spesenritter” nach Brüssel weggelobt
Dass er seinerzeit überhaupt nach Brüssel beordert wurde, hatte nicht unbedingt mit seinen einzigartigen europapolitischen Qualifikationen zu tun: Nach fragwürdigen Spesenabrechnungen und dem Bezug einer Versehrtenrente neben seinem Job als Nationalratsabgeordneter war er für die heimische Innenpolitik nicht mehr tragbar – und wurde nach Brüssel weggelobt. Unzensuriert berichtete. Wahrlich kein Einzelschicksal bei EU-Funktionären…