Hat der Falter Inserate gegen positive Berichterstattung getauscht? Das jedenfalls wird in einer anonymen Anzeige behauptet. Die Staatsanwaltschaft prüft einen Anfangsverdacht. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Stadt Wien und Arbeiterkammer als Groß-Inserenten
Laut der Sachverhaltsdarstellung an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vom September 2023, die unzensuriert vorliegt, sollen in der Printausgabe des Falter auffallend viele Inserate der Stadt Wien, der stadteigenen Unternehmungen – und da insbesonders von Wien Energie – sowie der Arbeiterkammer zu finden sein.
In einer Gesamtbetrachtung des Zeitraums zwischen Quartal 3 / 2013 und Quartal 1 / 2023 errechnete der anonyme Anzeiger Arbeiterkammer-Inserate im Falter um 1,31 Millionen Euro und Stadt-Wien-Inserate (inklusive stadtnaher Betriebe) um 4,76 Millionen Euro. Im Durchschnitt würden Stadt Wien und stadteigene Unternehmen pro Jahr 440.000 Euro für Falter-Inserate ausgeben.
Geringe Auflage, wenig Leser
Das sei im Hinblick auf die geringe Auflage der Zeitung merkwürdig und würde den Verdacht erhärten, dass es sich hier um Inseratenkorruption handeln könnte. Der Falter hätte im Jahr 2021 eine Druckauflage von 53.000 Stück pro Woche und eine Leserschaft von 271.000 gehabt.
Dass der Falter und Chefredakteur Florian Klenk die Stadt Wien und die Arbeiterkammer für positive Berichterstattung bestochen habe, bestritten Klenk und Falter-Geschäftsführer Siegmar Schlager in der Kronen Zeitung. Dort sagten beide:
Wir haben nie wohlwollende Berichterstattung gegenüber der Stadt Wien oder der AK oder wem auch immer angeboten, noch diese praktiziert.
In den Unterlagen der WKStA findet sich auch ein Twitter-Eintrag von Florian Klenk aus dem Jahr 2021, in dem er schrieb (inklusive Beistrichfehler):
..Natürlich werden Inserate gegen positive Berichterstattung gedealt. Wer das bestreitet lebt hinter dem Mond.
Dazu heißt es in der anonymen Anzeige:
Diese Äußerung aus seinem Mund kann man nur dahingehend interpretieren, dass er selber (als Journalist und Chefredakteur des Falter) mit dem „Dealen“ von Inseraten für positive Berichterstattung aus eigener Erfahrung persönlich bestens vertraut ist.
Klenk spricht von „richtig mieser Kampagne“
Klenk verteidigt sich auf X, vormals Twitter, dass er diesen Tweet im Kontext mit der Inseratenkorruption der Zeitungsherausgeber Wolfgang Fellner (Österreich) und Christoph Dichand (Kronen Zeitung) verfasst habe. Hier sein Eintrag vom 27. September (wieder mit einem Schreib- und zwei Beistrichfehlern):
Geschäftsführer könnten wegen Untreue drankommen
Brisant ist die Anzeige nicht nur für die Zeitung Falter, sondern auch für die Geschäftsführer stadtnaher Betriebe wie Wien Energie, die – wenn die massiven Ausgaben für Inserate im Widerspruch zur Auflage der Zeitung stehen – wegen Untreue drankommen könnten. Schließlich sind sie angehalten, zum Wohle ihrer Kunden zu wirtschaften.