Norbert Hofer

Unzensuriert hat Norbert Hofer am Rande der Donaustädter Sommergespräche gestern, Donnerstag, zum Interview gebeten und dabei Sensationelles erfahren

25. August 2023 / 09:04 Uhr

Hofer: „Politiker-Gehälter sollten sich nach dem Wohl der Menschen richten“

20 Jahre nach seinem schweren Flugunfall präsentiert sich der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer im blühenden Leben: Sympathisch, authentisch und vor allem mit vielen politischen Ideen.

Unzensuriert hat Norbert Hofer am Rande der Donaustädter Sommergespräche gestern, Donnerstag, zum Interview gebeten und Sensationelles erfahren: Geht es nach Hofer, sollten sich Politiker-Gehälter nach dem Wohl der Menschen richten, er fände es reizvoll, aus der Position des Nationalratspräsidenten die Hofburg zu erobern, und er will sich von der ÖVP bei möglichen Koalitionsverhandlungen nicht mehr übers Ohr hauen lassen.

Diagnose “Querschnittlähmung”

Unzensuriert: Vor 20 Jahren ereignete sich Ihr schwerer Flugunfall. Diagnose damals: Komplette Querschnittlähmung und ein Leben im Rollstuhl. Hat das Ihr Leben verändert?

Hofer: Ich war davor ein begeisterter Leichtathlet – und dann bekommt man die Diagnose „Querschnittlähmung“ mit dem Hinweis, dass man das Leben im Rollstuhl verbringen wird müssen. Man wird mental sehr, sehr gestählt. Man muss es mit der Familie einmal durchstehen und man hat es zu akzeptieren, wie es ist. Und man muss versuchen, sich herauszukämpfen. Das verändert im Leben sehr viel.

Unzensuriert: In einem Facebook-Posting ist zu sehen, wie Sie mit einem Mountainbike einen Berg hinauffahren. Zeigt das Ihren eisernen Willen und Ihre Freude am Leben?

Hofer: Sport ist für mich unheimlich wichtig. Vor allem für meinen Kopf. Da kommen mir die besten Ideen. Einen Tag, an dem ich keinen Sport mache, gibt es kaum.

Unzensuriert: Wie nimmt ein Mensch, der so ein Schicksal erlebte, Attacken von politischen Gegnern wahr?

Hofer: Gar nicht. Da gibt es den schönen Spruch: „Was stört es den Mond, wenn er angebellt wird?“ Was ich sehr ernst nehme, ist Kritik von Freunden. Auch von Parteifreunden. Ich gehe davon aus, dass mir diese Freunde die ehrliche Meinung sagen. Der politische Mitbewerber macht das nicht im guten Sinne. Daher hake ich das komplett ab.

“Kickl hat gut pariert und sich nicht provozieren lassen”

Unzensuriert: Wie beurteilen Sie den Auftritt von Herbert Kickl beim ORF Sommergespräch im „Stasi-Verhörzimmer“ des Parlaments?

Hofer: Ich habe das sehr genossen. Ich konnte es genießen, weil ich mich vor kurzem wieder bei der GIS anmelden musste, da ja die Haushaltsabgabe kommt und ich so wieder zum ORF-Seher wurde. Kickl hat sehr gut pariert, hat sich auch nicht provozieren lassen, er hat auch Kante gezeigt. Ich glaube, dass die gesamte FPÖ hochzufrieden sein wird. Der Raum ist kein Format für ein Sommergespräch, da gibt es im Parlament wesentlich schönere Orte dafür.

Unzensuriert: Als Dritter Nationalratspräsident sind Sie sehr nahe an der Arbeit von Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Wie beurteilen Sie diese und hätten Sie zum Beispiel als Parlamentspräsident das Hohe Haus im „Pride Month“ beleuchten lassen?

Hofer: Ich hätte es nicht gemacht. Ich finde, jeder soll leben wie er will. Aber es gibt einen Vatertag, einen Muttertag und es gibt einen „Pride“-Monat. Das passt schon einmal nicht zusammen. Außerdem ist das Parlament kein Ort, wo man permanent eine andere Beleuchtung vorsehen soll – auch wenn das Thema wichtig ist. Ich wäre sehr damit einverstanden, wenn das Parlament in der Nacht neutral beleuchtet ist, oder rot-weiß-rot, oder in der Farbe, dessen Bundesland gerade den Vorsitz im Bundesrat hat. Für die Zusammenarbeit mit Sobotka habe ich einen Modus gefunden, in vielen Fällen, wo er alleine Entscheidungen getroffen hat, hätte ich anders entschieden.

“Die Politik ist weit weg von den eigenen Wählern”

Unzensuriert: Welche Themen kommen in der politischen Debatte zu kurz?

Hofer: Ich habe den Eindruck, dass die Politik ganz weit weg ist von den eigenen Wählern. Ich bin sehr viel mit Menschen zusammen, die mit dem politische Getriebe überhaupt nicht behaftet sind. Da spreche ich die Regierung an, die kein Gefühl dafür hat, wie es den Leuten überhaupt geht. Dass der Mittelstand verarmt. Also jene Leute, die in der Früh aufstehen, arbeiten gehen und vielleicht noch einen Zweitjob haben. Das geht sich alles nicht mehr aus. Das wird völlig negiert und man beschäftigt sich mit Fragen, die an der Realität vorbeigehen wie zum Beispiel das Gendern. Das interessiert keinen Menschen. Es gibt andere Probleme. Ich stell mir die Frage, wie groß der Zorn noch werden könnte. Mittlerweile sind die Menschen zornig – und dieser Zorn wird sich bei der nächsten Nationalratswahl massiv auswirken.

Unzensuriert: Die FPÖ liegt bei Umfragen mit stabilen 30 Prozent sensationell vorne. Würden Sie im Falle des Wahlerfolgs als Regierungsmitglied zur Verfügung stehen?

Hofer: Ich glaube an den Wahlerfolg, wenn wir alle gemeinsam auf dem Boden bleiben. Was die Tätigkeit als Minister anbelangt, bin ich der Meinung, dass zuerst der Parteiobmann eine klare Vorstellung haben muss, wie sein Team im Falle einer Regierungsbeteiligung aussehen soll. Eines ist aber klar: Wenn die Partei ruft, dann soll man nicht nein sagen. Man soll aber auch umgekehrt, wenn die Partei mit dir andere Pläne hat, nicht beleidigt sein. Das möchte ich auch jedem ins Stammbuch schreiben.

Unzensuriert: Und bei einem Wahlsieg ist der Posten des Nationalratspräsidenten sicher.

Hofer: (Lacht) Das ist richtig. Und natürlich wäre es reizvoll, aus dieser Position heraus die Hofburg zu erobern. Das wird alles die Zukunft weisen.

“Wer in der Politik vertraut, ist naiv”

Unzensuriert: Sie haben den Koalitionsbruch der ÖVP nach „Ibiza“ hautnah miterlebt. Können Sie dieser ÖVP in einer möglichen neuen Koalitionsvariante noch vertrauen?

Hofer: Wer in der Politik, noch dazu auf der Basis, die wir schultern mussten, vertraut, wäre naiv. Man wird Partner brauchen, aber was wir gelernt haben, ist, dass der Koalitionsvertrag so gestaltet werden muss, damit man uns nicht übers Ohr hauen kann. Es ist gut, wenn wir den Lead in den Verhandlungen haben, wie es Kickl im ORF Sommergespräch gesagt hat, und dann ist es wichtig, dass jene Themen, die uns wichtig sind, gleich zu Beginn abgearbeitet werden. Denn andere Parteien neigen oft dazu, die Koalition zu verlassen, wenn die eigenen Themen abgearbeitet sind.

Unzensuriert: Was halten Sie von der Debatte über das Bezüge-Gesetz, die Nulllohnrunde für Politiker?

Hofer: Ich glaube, dass wir ein völlig neues Bezüge-Gesetz brauchen. Mit diesem Modell wird nichts mehr Gerechtes herauskommen. Es hat in den vergangenen Jahren ganz viele Runden gegeben mit Verzicht, einen teilweisen Verzicht – und so hat sich die Bezüge-Pyramide komplett verschoben. Ein kluger Weg wäre, das komplett neu ausarbeiten zu lassen und nicht Jahr für Jahr daran herumzudoktern. Es soll ein gerechtes Modell geben. Mir wäre ein Modell sehr recht, in dem man auch berücksichtigen sollte, wie es den Menschen in Österreich geht. Es kann ja tatsächlich nicht der Fall sein, dass – wenn das Land vor die Hunde geht – sich die Bezüge ungebremst weiter erhöhen. Also da muss es schon eine Möglichkeit geben, dass auch der Politiker für das Geschehen im Land in irgendeiner Form mitverantwortlich gemacht wird. Das gibt es auch in Unternehmen.

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