FPÖ-EU-Politiker wundert sich, dass es die EU nicht stört, dass ein Staat Kindergeld für ein Kind, das in einem anderen Staat wohnt, auch dann bezahlen muss, wenn beide Eltern nicht arbeiten.

9. Dezember 2022 / 08:05 Uhr

Kindergeld ins Ausland: EU stört Schlupfloch für Sozialschmarotzer nicht

Der freiheitliche EU-Abgeordnete Roman Haider kann sich über eine Beantwortung einer seiner Anfragen an die EU-Kommission nur wundern. Die EU-Kommission kann mit einem Schlupfloch leben, laut dem auch Sozialschmarotzer einen Anspruch auf Familienleistungen für Kinder haben können, die in einem anderen Staat wohnhaft sind.

Dies ist erstaunlich, da die EU-Gesetze Anfangs insofern ausgelegt wurden, dass ein Staat Familienleistungen an einen Elternteil für ein Kind, das in einem anderen Staat wohnhaft ist, nur dann bezahlen muss, wenn der Elternteil aufgrund einer Erwerbstätigkeit Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge im erstgenannten Staat bezahlt. Sinngemäß wurde vor Jahren eine seiner Anfragen auch beantwortet.

Überraschendes Urteil

In einem Gerichtsurteil des deutschen Bundesfinanzhofs allerdings wurde einem Vater das deutsche Kindergeld für sein in Italien wohnhaftes Kind zugesprochen, obwohl dieser nicht erwerbstätig war, daher weder Steuern, noch Sozialversicherungsbeiträge bezahlte und von Deutschland sogar Sozialhilfe bezog. Unzensuriert hat berichtet. Zur Erinnerung: Die in Italien wohnhafte Mutter war ebenfalls nicht erwerbstätig.

Italien wäre zuständig, war es aber nicht

Haider betont, dass bei solch einer Konstellation die EU-Gesetze nahelegen, dass nur Italien sein Kindergeld bezahlen müsste und Deutschland keinen Cent. Dies insofern, da das Kind in Italien wohnt, daher Italien vorrangig zuständig ist. Da der Vater in Deutschland nur einen Anspruch aufgrund des Wohnorts hatte und nicht aufgrund einer Erwerbstätigkeit oder Rente, müsste Deutschland keine Familienleistung bezahlen.

Doch es kam anders. Italien musste keinen Cent an Familienleistungen bezahlen, während Deutschland voll zur Kassa gebeten wurde. Wie ist das möglich? Italien hatte zum betroffenen Zeitpunkt eine Familienleistung, bei der – anders als bei den meisten anderen Staaten – eine Erwerbstätigkeit verlangt wird. Und da die Mutter nicht erwerbstätig war, stand ihr von Italien keine Leistung zu.

Kein Zusammentreffen von zwei Leistungen

Und daher kam es dem Wortlaut der EU-Gesetze folgend zu keinem „Zusammentreffen von Familienleitungen“ zweier Staaten, womit Deutschland auf einmal verpflichtet wurde, sein Kindergeld zu bezahlen. Das deutsche Gericht schrieb sogar selbst in seinem Urteil, dass seine Entscheidung nach den Vorgänger-Regeln denkunmöglich gewesen wäre. Denn damals konnten nur Erwerbstätige und Arbeitslose, die Arbeitslosengeld beziehen, einen Anspruch geltend machen:

Vor Inkrafttreten der VO Nr. 883/2004 galt die VO (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABlEU Nr. L 28, S. 1), die in Art. 73 lediglich einen Export von Familienleistungen für Kinder von Arbeitnehmern und Selbständigen und in Art. 74 für arbeitslose Arbeitnehmer vorsah. In anderen Fällen war der Mitgliedstaat, der einen Anspruch vermittelte, generell nicht zur Zahlung von Familienleistungen für in einem anderen Mitgliedstaat wohnende Familienangehörige (Kinder) verpflichtet. In der nunmehr geltenden VO Nr. 883/2004 macht Art. 67 den Export von Familienleistungen nicht mehr von diesen Voraussetzungen (Erwerbstätigkeit oder Arbeitslosigkeit) abhängig, sondern regelt, dass jede Person für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats hat, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Lediglich wenn für das Kind im Wohnsitzstaat ein Anspruch auf eine Familienleistung besteht, soll der (höhere) Anspruch im anderen Mitgliedstaat, der ebenfalls einen Anspruch für dasselbe Kind vermittelt, unter bestimmten Voraussetzungen nach Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004 entfallen.

EU: Gericht hat ordnungsgemäß entschieden

Für Haider ist nicht nachvollziehbar, dass die aktuellen EU-Gesetze derart schlecht formuliert wurden, dass es ein Schlupfloch gibt. Die EU-Kommission teilte ihm mit, dass das Gericht ordnungsgemäß entschieden habe und es keinen Anlass zu einer Änderung gebe.

Freilich wird das Gerichtsurteil als solches nicht in Frage gestellt, vielmehr allerdings, dass es dem Wortlaut der aktuellen Verordnung gemäß so entscheiden musste. Dass die EU-Kommission die Entscheidung nicht stört und sie keine Korrektur vorschlagen will, die im Sinne der alten Verordnung Sozialschmarotzer vom Bezug von Familienleistungen von einem Staat, in dem ein Kind nicht wohnt, ausschließt, ist mehr als bedenklich.

Kindergeld ins Ausland abschaffen

Wobei, die beste Lösung wäre ohnehin, dass Kindergeldzahlungen für ein Kind, das nicht in einem Staat wohnt, komplett abgeschafft werden, selbst wenn ein Elternteil in diesem Staat Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge bezahlt. Familienleistungen faktisch aller Mitgliedstaaten sind nämlich keine Leistungen, von denen verlangt wird, dass Eltern arbeiten müssen.

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