Zahllose ÖVP-Politiker hatten in der Vergangenheit ein manifestes Problem, zu unterscheiden zwischen dem, was ihnen gehört, und dem, was dem Staat gehört. Zeugnisse dafür liefert der laufende ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss zuhauf. Dass es dabei nicht nur um Geschäftemacherei und Postenschacher geht, zeigt ein aktuelles Ereignis, das der niederösterreichische FPÖ-Bundesrat Andreas Spanring thematisiert. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner soll zu einer Eröffnungsfeier am Fliegerhorst Langenlebarn nur Politiker ihrer eigenen Partei, der ÖVP, eingeladen haben.
Nur ÖVP-Politiker begleiteten ihre Ministerin
Spanring zitiert aus einem Bericht der Tullner Regionalausgabe der Bezirksblätter vom 10. November. Demnach wohnten der Eröffnungsfeier einer neuen Anschlussbahn sowie eines neuen Flugfeld-Radars im Fliegerhorst Brumowski neben der Ministerin auch der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Friedrich Ofenauer als amtsführender Vorsitzender der parlamentarischen Bundesheer-Kommission sowie der ÖVP-Landtagsabgeordnete Christoph Kaufmann bei. Anschließend besuchte Tanner, wie auch ein Bericht auf der Webseite des Bundesheeres bestätigt, die Bundesfachschule für Flugtechnik in Langenlebarn und das ABC-Abwehrzentrum in Korneuburg.
Freiheitliche waren nicht eingeladen
Politiker anderer Parteien waren bei dem Truppenbesuch offensichtlich nicht anwesend. Und Spanring weiß zu berichten, dass „weder die Bereichssprecher für Landesverteidigung der Freiheitlichen im Nationalrat, noch im Bundesrat […] dazu gefragt oder eingebunden“ gewesen seien.
Verstoß gegen Dienstanweisung?
Das Bundesheer als politische Bühne für ausschließlich eigene Parteikollegen zu missbrauchen, ist nicht nur unanständig, sondern widerspricht auch internen Regelungen, so Spanring in einer parlamentarischen Anfrage an die Ministerin, die unzensuriert.at vorab übermittelt wurde.
Gemäß Dienstanweisung für die Öffentlichkeitsarbeit des BMLV haben solche Truppenbesuche unter Einbeziehung der Mandatare der anderen politischen Fraktionen der jeweiligen politischen Körperschaft zu erfolgen. Unter dem Vorgänger Tanners wurden beispielsweise im Falle solcher Truppenbesuche selbstverständlich immer alle Parteien gefragt bzw. eingeladen; das dürfte BM Tanner geflissentlich ignoriert haben.
Schüler und Soldaten als unfreiwillige ÖVP-Wahlkampf-Statisten?
Die Affäre gewinnt zusätzliche Brisanz im Vorfeld der am 29. Jänner 2023 anstehenden niederösterreichischen Landtagswahl. Tanner gehört der mächtigen blau-gelben ÖVP-Landesgruppe an und steht somit im Verdacht, das Bundesheer und die überwiegend noch minderjährigen Flugtechnik-Schüler für den Wahlkampf eingespannt zu haben.