Zwei Mitglieder der Jungen Volkspartei zeigten den Wiener Landtagsabgeordneten Josef Mantl wegen Sexualdelikten an. Nachdem diese Verfahren eingestellt wurden, stehen die beiden nun selbst vor Gericht. Unzensuriert war bei der Verhandlung im Saal 102 im Wiener Straflandesgericht dabei.
“Ich war angeekelt und zu schüchtern zu widersprechen”
Verleumdung lautet die Anklage der Staastsanwaltschaft, mit der zwei junge Männer (beide 26) am 16. November am Landesgericht für Strafsachen konfrontiert wurden. Sie werfen unabhängig voneinander dem ÖVP-Spitzenpolitiker Josef Mantl (45) schwerwiegende Sexualdelikte vor. Da diese nicht belegbar sind, sitzen die ÖVP-Funktionäre nun selbst auf der Anklagebank. Der Erstangeklagte K ist ein ehemaliger Funktionär der Jungen Volkspartei Innsbruck. Er gibt an, Mantl über Facebook kennengelernt zu haben, nachdem dieser ihm, damals noch Schüler, über das soziale Netzwerk, aus heiterem Himmel zum 18. Geburtstag gratuliert hatte. Mantl war damals fast doppelt so alt. Zwei Jahre später treffen sich die beiden wieder auf einer Dating-App. In Folge kommt es zu einem Treffen und einvernehmlichem Geschlechtsverkehr. K behauptet dazu, dass Mantl auf den Fotos deutlich jünger aussah. Die Bilder hatte Mantl angeblich im Nachhinein gelöscht. Wörtlich sagte der Mann bei der Einvernahme durch den Richter:
Ich war 20 und er war nicht mein Typ. Ich war damals ein schüchterner Mensch und hab mich nicht getraut nein zu sagen und habe das mitgemacht. Während dem Sex habe ich bemerkt, dass er kein Kondom mehr oben hatte. Ich war schockiert und angeekelt.
“Ich habe zweimal nein gesagt”
Im Zuge des Forum Alpbach wäre es dann zu einem erneuten Treffen gekommen. Der Angeklagte K und Mantl hätten sich in einem Restaurant in einem bekannten Luxushotel getroffen. Beim Essen soll der Abgeordnete schon stark betrunken gewesen sein und einen sehr jungen Kellner belästigt haben. Später soll es dann zu einem denkwürdigen Vorfall im Hotelzimmer gekommen sein. Obwohl der fast halb so alte K mehrmals klargestellt haben soll, dass heute nichts laufen werde und er sonst nicht mit aufs Zimmer käme, hätte Mantl die Sex-Droge Poppers genommen und sich vor dem Jungfunktionär ausgezogen. Anschließend soll er auf den Knien zum Angeklagten geroppt sein und ihn zum Oralsex aufgefordert haben. K habe daraufhin fluchtartig das Zimmer verlassen, bekräftigte er vor Gericht. Mantl bestritt diese Darstellung.
“Ich habe mir gedacht, eine Persönlichkeit macht sowas nicht”
Dass K sich nochmal mit Mantl getroffen habe, erklärt er mit der Faszination von Mantls Lebensstil, das Luxushotel und die politischen Kontakte, die natürlich auch für einen jungen Funktionär interessant sind. Er sagte:
Es war Opportunismus. Ich wollte in seinen Lebenskreis eintauchen. Er hat alles gezahlt, er kannte Kurz.
Ich habe lange mit dem Weg zur Polizei gehadert, weil ich damals wenig verdient habe und nicht wusste, was passiert dann, wenn ich einen Abgeordneten von uns anzeige?
Jahre später trifft er einen langjährigen Freund, den Zweitangeklagten S, der ihm während eines Wien-Besuchs bei der Pride am Wiener Heldenplatz geschildert haben soll, von Mantl vergewaltigt worden zu sein. K bringt wenige Tage später eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein, die wenig später wegen Verjährung eingestellt wird.
“Ich wachte auf, als er mich penetrierte”
Der Zweitangeklagte S stammt aus einer Kleinstadt in Niederösterreich. Für ein Studium auf der Wirtschaftsuni kommt er nach Wien und lernt dort 2016 Josef Mantl kennen. Nach einem Seminar der ÖVP-Parteiakademie geht er mit einigen JVP-Kollegen und dem Abgeordneten in die legendäre Rote Bar im Volkstheater. Als S zurück ins Hotel fahren will, habe Mantl ihn noch zu einem letzten Getränk überredet, erzählt er dem Richter.
Danach hat S keine Erinnerung mehr, er sei erst wieder im Bett des Abgeordneten aufgewacht, als dieser ihn anal penetriert haben soll. S behauptet, sich gewehrt zu haben. Mantl bestritt auch diese Vorwürfe und behauptete, mit S eine Beziehung gehabt zu haben.
Kurz darauf beginnt S als Mitarbeiter in der Werbeagentur des Politikers und es bildet sich eine Art Freundschaft zwischen den beiden. S gibt dazu an, den gesamten Vorfall damals völlig verdrängt zu haben. Später steigt er in der Volkspartei stetig auf: Zuerst wird er Regionalleiter einer Wahlkampagne, dann Social-Media-Referent in der Bundespartei und Mitarbeiter des Bundeskanzlers.
Mitten im ersten Corona-“Lockdown” sitzt S das erste Mal nach Jahren im Wahlkampfstress wochenlang alleine zuhause und die Erinnerung kommt zurück. Nach Jahren in Therapie und Selbstmordgedanken kündigte er bei Mantl und erstattete Anzeige.
Auch ihm glaubt die Staatsanwaltschaft nicht und stellt das Verfahren ein. Später passiert sogar, das, was S immer befürchtet haben will: Er wird vom “Opfer zum Täter” und steht nun selbst als Angeklagter vor Gericht. Über den Ausgang des Verfahrens wird erst im kommenden Jahr entschieden.
Für alle Beteiligten des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung.