Brennender Geldschein

Die Bargeld-Gegner formieren sich in der Corona-Krise neu. Sitzen sie auch im „Think Tank“ von Bundeskanzler Sebastian Kurz?

6. August 2020 / 15:24 Uhr

Plant der Kurz-„Think Tank“ die Bargeldabschaffung?

Im Bundeskanzleramt wird seit dem Amtsantritt von Sebastian Kurz (ÖVP) organisiert nachgedacht. Offiziell ist es die Stabsstelle für Strategie, Analyse und Planung – bekannt ist die Denkfabrik allerdings unter dem Namen „Think Austria“ und steht unter der Leitung der international tätigen Unternehmensberaterin Antonella Mei-Pochtler, die nach wie vor für die Boston Consulting Group tätig ist, wo sie seit 1984 bis in den weltweiten Führungszirkel aufstieg. Mei-Pochtler soll großen Einfluss auf Sebastian Kurz haben, sogar als Schattenkanzlerin wurde sie bereits bezeichnet.

Am Rande der Demokratie

Der „Think Tank“ hat schon öfters negative Schlagzeilen gemacht. Seine Leiterin Mei-Pochtler sagte in der Corona-Krise, jeder werde künftig eine App haben und in Europa müsse man sich an Tools „am Rande des demokratischen Modells“ gewöhnen.

Wirecard-Chef und Parteispender Braun dachte mit

Dem „Think Tank“ gehörte bis vor Kurzem auch Markus Braun, damals Vorstandsvorsitzender der deutschen Skandalfirma Wirecard AG, an. Sebastian Kurz war vom kometenhaften Aufstieg des Münchener Unternehmens unter österreichischer Führung begeistert ­– und wohl auch von der Spendenbereitschaft des Herrn Braun. 70.000 Euro überwies er 2017 im Nationalratswahlkampf an die ÖVP.

Braun braucht Bares nur noch als Trinkgeld

Doch was wird in diesem „Think Tank“ überhaupt diskutiert? Und welche Ideen hat Markus eingebracht? Die Rede war nur sehr kryptisch von einem „Input zu einem besseren Innovationsmanagement“. An innovativen Ideen mangelte es Braun tatsächlich nicht, wenngleich sicher nicht alle den Geschmack der Österreicher treffen: 2018 wurde er in deutschen Medien portraitiert als der „Milliardär, der das Bargeld abschaffen will“. 2019 konkretisierte er gegenüber der Presse, er sei nicht für eine komplette Abschaffung. Fürs Trinkgeld sei das Bargeld doch noch wichtig.

Bargeldabschaffung typisches „Think Tank“-Thema

Dem „Think Tank“ und weiteren Verstrickungen der ÖVP mit der Wirecard widmet sich die aktuelle FPÖ-TV-Diskussionssendung „Der schwarze Faden“, in der Themen rund um den Ibiza-Untersuchungsausschuss erörtert werden. Zu Gast war diesmal mit Thomas Grischany auch ein Experte, der bereits einen „Think Tank“ geleitet hat. Er bestätigt, dass ein Thema wie die Bargeldabschaffung sich geradezu typisch für eine Denkfabrik eigne. Wenn unpopuläre Maßnahmen gesetzt werden sollen, werde dies häufig in solchen Zirkeln vorbereitet – zusammen mit einer Strategie, die die Stimmung in der Bevölkerung drehen soll.

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Weitere Informationen

Der schwarze Faden 9: Die ÖVP im Wirecard-Sumpf

ÖVP verhinderte Bargeld in der Verfassung

Zwar bekennt sich die ÖVP öffentlich immer wieder zum Recht auf Bargeld. Einen Schutz durch die Verfassung, wie die Freiheitlichen ihn im Parlament beantragten, lehnte die Kurz-Partei jedoch wiederholt ab, wie FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer in der Sendung betont.

Bargeld als Corona-Überträger?

Tatsächlich hat das Bargeld seit Beginn der Corona-Krise einen schweren Stand. In vielen Geschäften wird unter Verweis auf die Hygiene darum ersucht, elektronisch zu bezahlen. Dass Bargeld „schmutzig“ sei, ist seit Längerem eines der psychologischen Argumente der Bargeld-Gegner. Die Behauptung, mit den Scheinen könnten Coronaviren übertragen werden, ist Wasser auf ihre Mühlen.

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